Krisenkommunikation und Segeln: Stürme vermeiden
Segeln und Krisenkommunikation, auf den ersten Blick sind das zwei völlig verschiedene Disziplinen. Und dennoch haben sie so Vieles gemeinsam. Vom Segeln lässt sich fast alles ableiten für erfolgreiche Krisenprävention, Krisenvorbereitung und Krisenbewältigung. Am Ende geht es stets darum, nicht in einen Sturm zu geraten. Und wenn doch, diesen heil zu überstehen.
Im Sturm? Vor dem Wind abwettern, das funktioniert auch in der Krisenkommunikation. Hören Sie mehr dazu im Podcast «Newsroom-Köpfe».
Was denken Sie beim Betrachten des Titelbildes? Segel-Romantik pur, bestimmt. Tatsächlich, es zeigt die Stimmung nach einem Sturm im Golf du Lyon am 23. Juli 2020. Unmittelbar nach einem heftigen Gewitter. Sturm ohne Schaden überstanden. So soll es sein. Nicht nur beim Segeln, sondern ebenso in Krisensituationen. Um das möglichst unbeschadete Ankommen geht es in diesem Beitrag – und im persönlichen Gespräch mit Prof. Christoph Moss im Podcast «Newsroom-Köpfe».
Selbstverständlich, wie beim Segeln, kann bei geschäftlichen Tätigkeiten stets Unvorhergesehenes auftreten. Mit gutem Risikomanagement lässt sich die Wahrscheinlichkeit jedoch reduzieren. Wir fangen deshalb an, bevor es auf Hohe See geht.
Segeln und Krisenprävention
Das erste Prinzip aus meiner Segelpraxis lautet: überhaupt nicht in einen Sturm geraten. Also stets die Grosswetterlage zu beobachten. Und zwar mit der Lupe auf der Karte wie mit dem Fernglas draussen. Dies ermöglicht es, frühzeitige Richtungsentscheide zu fällen: Früher losfahren, abwarten und im sicheren Hafen bleiben oder eine andere Route anpeilen. Dasselbe gilt für die Krisenkommunikation: Risiken vorausschauend beobachten, kleinste Untiefen erkennen – und wenn immer möglich umschiffen.
Segeln und Krisenvorbereitung
Manchmal ist man beim Segeln bereits unterwegs und ein Sturm zieht mehr oder weniger überraschend auf. Dann ist gute Vorbereitung unerlässlich. Das Boot, sich selbst und die Crew auf die Konfrontation vorbereiten. Und insbesondere: frühzeitig die Segel reffen, sprich die Segelfläche verkleinern. Das stärkt die Manövrierfähigkeit. Unter Vollsegel im Sturm ist dies ungleich schwieriger – oder es droht Schaden. Dasselbe gilt in der Krisenkommunikation: Bereits in der Vorbereitung auf eine wahrscheinliche Krisensituation gilt es, die möglichen Angriffsflächen auf das absolute Minimum zu reduzieren. Konkret: Das können Risikokommunikation oder Sensibilisierungs-Massnahmen sein – und vor allem eine massgeschneiderte Kommunikationsstrategie für das erwartete Krisenszenario. Denn hier lässt sich vom Segeln wirklich viel lernen. Droht ein Sturm, heisst es frühzeitig die Segel zu reffen. Bevor es zu spät ist. Erfolgreiche Krisenkommunikation funktioniert exakt gleich. In kritischen Situationen ist die Angriffsfläche genau so zu verkleinern, dass man unbeschadet ans Ziel kommt. Bevor es zu spät ist.
Segeln und Krisenmanagement
Mitten in einem Sturm heisst es erst recht: Auf keinen Fall in Schieflage geraten, kentern, über Bord oder untergehen. Das erfordert Ruhe, kühlen Kopf, klare Entscheidungen und Kommunikation mit der Crew. Dasselbe gilt in der Krisenkommunikation, Angst und Panik sind schlechte Berater im Sturm wie in der Krise. Das ist freilich einfacher gesagt als getan. Umso wichtiger ist es, relexartige Fehler zu vermeiden. Denn diese führen in der Regel zu noch mehr Gegenwind. Vor dem Wind abwettern heisst es im Segeln. Angriffsfläche nochmals minimieren. Oder eben: Segel runter, Sturmfock setzen. Übersetzt in die Krisenkommunikation: Möglichst cool bleiben, warm anziehen. Und um die Angriffsfläche zu minimieren, bedarf es vorausschauender Entscheide. Und der Fähigkeit, empathisch, klar, kontinuierlich und konsistent zu kommunizieren, Alle – wirklich alle – Fragen zu klären und zu beantworten. Es darf keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit geben. Nur so legt sich der Sturm.
Zum Schluss: Die Manöverkritik
Und dauernd, besonders nach beruhigter Wetterlage, folgt die Manöverkritik. Was lief gut? Was lässt sich künftig besser machen? Beim Segeln lässt sich aus jedem Manöver lernen, besonders im Hafen bei viel Wind. Dasselbe gilt in einer Krise. Jede ausserordentliche Situation ist eine wertvolle Erfahrung. Man lernt daraus. Es ist besonders wichtig in der Kommunikation, diese Lehren aufzuzeigen – auch nach aussen.
Perfektionismus kann verheerend sein
Perfektionismus kann beim Segeln wie in der Krisenkommunikation verheerend auswirken. In Drucksituationen, die sich rasch verändern oder Informationen fehlen, sind schnelle und kluge Entscheidungen gefragt. Entscheidungswille und Geschwindigkeit kommen vor Perfektion. Denn Perfektionismus führt zu riskantem Zuwarten. «Dies und das müsste man noch berücksichtigen, sprich kommunizieren. Die Info kommt bald.» Mit der Verzögerung beschleunigt und verschärft sich eine Krisensituation. Was wiederum nach neuen Reaktionen verlangt. Ein Teufelskreis. Konkret für die Kommunikation in akuten Krisensituationen bedeutet dies: Rasche, transparente Erstinformation. Krisenkommunikation in Echtzeit, auch wenn diese unvollständig ist. Einblicke ins Krisenmanagement stärken die Glaubwürdigkeir, die Ankündigung weiterer Infos entlastet vom Reaktionsdruck. Regelmässige Follow-ups schaffen Vertrauen. Und beim Segeln in Sturmsituationen: Das Steuer immer in der Hand behalten, den besten Kurs einschlagen und wenn nötig korrigieren bis zum sicheren Hafen – anstatt abwarten und auf Wetterbesserung hoffen.
„Vom Segeln lässt sich viel lernen. Droht ein Sturm, heisst es frühzeitig die Segel zu reffen. Bevor es zu spät ist. Erfolgreiche Krisenkommunikation funktioniert exakt gleich. In kritischen Situationen ist die Angriffsfläche genau so zu verkleinern, dass man unbeschadet ans Ziel kommt. Bevor es zu spät ist.“